Jahrelang bin ich hier mehrmals pro Woche vorbeigekommen, wenn ich zur Uni wollte: Die U-Bahn-Station unter dem Hauptgebäude. Ein Bäcker, bunte Schaufenster, Kunstaustellungen, für die sich keiner zu interessieren schien. Ein Ort, an dem man weitergeht.
Ich mochte die Schaufenster des Spielzeuggeschäftes, sie waren fröhlich und ausdrucksstark. Als Vanessa ein Baby bekam, wollte ich für sie etwas in dem Laden kaufen, er hatte zu. Ich zeigte ihn ihr auf einem späteren Spaziergang und bewarb mich für einen Job, weil ich einen brauchte. Zufällig.
Mittlerweile dekoriere ich die schönen Schaufenster, zumindest finde ich sie immer noch schön. So auch heute. Ich sehe den Studenten zu, wie sie zur Uni eilen, sich etwas zu Essen kaufen. Ich selbst bin gerade endgültig durch mein Studium gefallen. Uns trennt eine Glasscheibe – die Studenten und mich. Backwaren werden verkauft zu jeder geraden, vollen Stunde steht man in großen Trauben an. Der Biss-Verkäufer ist heute nicht da, er redet immer sehr freundlich mit uns, manchmal verstehe ich ihn nicht, aber ich gebe mir Mühe. Hier kennen sich alle gängigen Gäste. Der Biss-Verkäufer, die Stammobdachlosen, die Putzkräfte. Eine Gesellschaft unter der Oberfläche. Wir sind gern gesehene Gäste, meine Kollegin und ich, denn wenn wir da sind, passiert immer etwas, wir dekorieren ja quasi den Marktplatz alle sechs Wochen um. Wir begegnen uns hier alle auf Augenhöhe, das fiel mir anfangs schwer, denn ich war stolz und unsicher.
Heute hat der Herr, der putzt, meiner Kollegin und mir einen Kaffee geschenkt. Einfach so. Der Mann verdient nicht viel, wir wissen das, er weiß das. Der Mann kennt meinen Namen nicht und ich seinen auch nicht, aber wir haben zu dritt beisammengesessen und über das Leben geredet. Ich habe mich wahnsinnig gefreut. Er hat weiter gearbeitet, wir haben weiter gearbeitet. Der Strom der Studenten zog an uns vorbei zur nächsten Stunde. Ein Ort, an dem das Leben weiter geht.